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Smart Home als Gewohnheitsverstärker

·1008 Wörter·5 min
Smart-Home Home-Assistant Trigger Workflow
Tobias Schulz
Autor
Tobias Schulz
고생 끝에 낙이 온다 · immer, weiter
Inhaltsverzeichnis

Automatisierung ist für viele ein technisches Hobby. Ein Spielplatz, auf dem Regeln und Zustände wie Bausteine zusammengesetzt werden. Ich habe mich lange genau so damit beschäftigt. Aber irgendwann war mir das zu wenig. Warum? Weil mein Ziel nicht nur war, ein paar Lichter automatisch an- und auszuschalten oder die Kaffeemaschine fernzusteuern. Ich wollte, dass Technik mir hilft, mich selbst zu strukturieren – ohne mich zu bevormunden.

Genau an dieser Stelle wurde Home Assistant für mich mehr als nur ein zentrales Dashboard. Es wurde ein Werkzeug zur Selbstverstärkung. Oder, anders gesagt: ein Gewohnheitsverstärker 😁.

Von stumpfer Regel zu echtem Kontext
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Die klassische Smart-Home-Automation funktioniert nach dem Schema: wenn Zustand A, dann Aktion B. Wenn Bewegung im Flur, dann Licht an. Wenn Tür geöffnet, dann Alarm deaktivieren. Praktisch, aber nicht intelligent. Diese Automationen denken nicht mit. Sie wissen nichts über meine Absicht, meinen Tagesplan oder meine Stimmung.

Ich habe mich gefragt: was wäre, wenn Automatisierungen nicht nur Zustände, sondern auch meine Routinen, Ziele oder Gewohnheiten berücksichtigen würden? Was, wenn Technik nicht einfach ausführt, sondern hilft?

Daraus entstand eine neue Idee. Ich wollte mein Setup nicht mehr nur um Geräte herum bauen, sondern um uns.

Gewohnheit statt Reaktion
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Eine der stärksten Anwendungen für mich war, Automatisierungen nicht mehr nur als Reaktionen auf Umweltveränderungen zu sehen, sondern als Verstärker meiner Gewohnheiten. Damit das gelingt, musst du dich selbst und deine Gewohnheiten sehr genau beobachten.

Beispiel: der sanfte Start in den Tag
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Ich bin ein absoluter Frühaufsteher und schätze strukturierte Morgenroutine. Einfach nur ruhig wach werden, ein bis zwei Kaffee trinken und dann fokussiert in den Tag starten.

Hier hilft mir Home Assistant mit einer Automatisierung:

  • Nach dem Aufstehen werden Bewegungen außerhalb des Schlafzimmers registriert, wodurch der Zustand Schlafen: aus eintritt.
  • Die Kaffeemaschine wird eingeschaltet und ist betriebsbereit.
  • Sobald ich in meinem Büro Platz genommen habe, werden mir von Alexa die morgendlichen Meetings vorgelesen, während ich mich einlogge.

Trigger: wir verlassen das Schlafzimmer und bewegen uns in der Wohnung mindestens fünf Minuten. Falls diese Abfolge nicht zutreffen sollte, können wir auch “Alexa, guten Morgen” sagen.

Beispiel: entspannt ins Bett gehen
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Beim Schlafengehen ist es genau dasselbe, nur wird die Wohnung in den Nachtmodus versetzt und bereitet dafür alles vor.

  • Im Flur, Treppenhaus und Arbeitszimmer wird der Weg ins Schlafzimmer erleuchtet auf 10%, blaue und lila Farbtöne.
  • Wenn wir ins Bett gehen, versetzt das Smart Home die Wohnung in den Zustand Schlafen: laufend. Alle Lichter schalten sich ab, die Heizung fährt runter.
  • Wenn wir eingeschlafen sind, wird die Wohnung in den Zustand Schlafen: an versetzt. Energiehungrige Geräte werden abgeschaltet, der Alarm wird aktiviert.

Trigger: wir schalten den Fernseher ab, verlassen das Wohnzimmer und betreten den Flur. Falls diese Abfolge nicht zutreffen sollte, können wir auch “Alexa, gute Nacht” sagen.

Beispiel: der Pre-Sports-Trigger
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Ich laufe regelmäßig, weil es mir hilft, den Kopf frei zu bekommen und fit zu bleiben. Bei schlechten Witterungsbedingungen oder im Winter laufe ich vor allem zu Hause auf meinem Laufband.

Auch hierbei unterstützt mich Home Assistant mit einer kleinen Automatisierung:

  • Die Steckdose vom Laufband wird aktiviert und somit das Gerät eingeschaltet.
  • Der Raum wird während dem Workout laufend auf Helligkeit überprüft und ggf. die Beleuchtung so eingeschaltet, damit es sonnig wirkt.
  • Auf Spotify wird eine Playlist gestartet, die ich extra für das Laufband kuratiert habe - rhythmische Musik als Taktgeber. Direkt über die AirPods.

Trigger: ich muss eine Minute vor oder auf dem Laufband stehen. Diese Zeit nutze ich, um mich zu dehnen und einen Schluck zu trinken.

Automation ≠ Faulheit
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In vielen Diskussionen rund um Smart Home und Automatisierungen schwingt bei Gesprächspartnern (insbesondere Freunde, Verwandte) oftmals ein Missverständnis mit: dass ich faul wäre. Man könne schließlich immer einmal schnell zum Lichtschalter gehen und diesen betätigen.

Ich sehe das anders und genau darum geht es mir auch gar nicht. Stell die eine gute Automatisierung einfach wie einen Coach vor, der nicht laut schreit, sondern zur richtigen Zeit am Rand steht und kurz zunickt.

Es mir geht nicht um maximalen Support. Ich will keinen Haushalt, der gänzlich ohne mein Zutun funktioniert. Ich will einen Haushalt, der mich unterstütztstill, zuverlässig, respektvoll.

Stolpersteine und Grenzen
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Natürlich läuft nicht alles rund. Ich habe viele Automationen zigmal bearbeitet oder auch wieder gelöscht:

  • Weil sie in unnatürlichen Situationen ausgelöst wurden.
  • Weil das Verbinden mit einer Gewohnheit in der Praxis nicht gut funktioniert hat.
  • Weil sie technisch zwar clever waren, aber sich nicht gut angefühlt haben.

Ein Beispiel: eine Routine, die das Licht im Schlafzimmer beim Aufwachen automatisch als Sonnenaufgang steuern sollte. Klingt harmlos, führte aber regelmäßig dazu, dass beim Schlafen in unerwünschten Situationen das Licht an ging. Denn es ist gar nicht so leicht, durch Sensorik herauszufinden, wann wir denn nun wirklich aufstehen wollen. Unsere iPhone Wecker mit der Automatisierung zu koppeln, klappte leider nur sehr sporadisch - denn häufig stehen wir ohne Wecker auf. Effekt: Frust, nicht Hilfe.

Was ich gelernt habe: Automatisierung muss Fehler verzeihen können. Sie braucht Kontext. Und sie muss uns dienen – nicht ihrer eigenen technischen Eleganz.

Was ich darüber hinaus gelernt habe: immer gute Ausreden für die Frau auf Lager haben, wenn ein Fehlerfall eintritt. Stichwort: Women Acceptance Factor 😄.

Warum das alles?
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Automatisierungen sind für mich kein Ersatz für Motivation – aber eine Unterstützung für meine Absicht. Sie sind wie Geländer: nicht zwingend nötig, aber hilfreich, wenn man müde ist.

Gerade das Studieren der eigenen Gewohnheiten, um diese dann mit Technik zu unterstützen, begeistert mich. Es ist sehr zeitaufwendig und man entwickelt nicht jeden Tag etwas Neues, viel mehr ist es der langfristige Feinschliff, der das insgesamt zu einer spannenden Herausforderung macht.

Fazit
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Home Assistant ist für mich nicht einfach nur ein Smart Home System, sondern ein Werkzeug für ein noch besseres Zuhause. Es hilft mir nicht nur, meine Geräte zu steuern, sondern meine Gewohnheiten sanft zu bestärken.

Es ist ein stiller Begleiter, der mich an gute Routinen erinnert, mir den Beginn eines Trainings angenehmer macht und mir morgens hilft, in den Tag zu finden.

Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.


Das Titel-/Hintergrundbild stammt von Nubelson Fernandes auf Unsplash.

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